Bündnis #Mietenwahnsinn zieht Halbzeitbilanz der schwarz-grünen Regierungszeit
Pressemitteilung vom 12. Juli 2021
Keine Trendwende beim Bestand von Sozialwohnungen, der öffentliche Wohnungsbestand des Landes wurde kaum ausgeweitet und ein wirksamer Mieter*innenschutz fehlt in Hessen nach wie vor. Diese kritische Halbzeitbilanz zieht das Bündnis #Mietenwahnsinn-Hessen nach Ablauf der Hälfte der Regierungszeit von CDU und Grünen. Da sich die Probleme auf dem Wohnungsmarkt weiter dramatisch verschärfen, fordert es die Landesregierung auf, in der Wohnungspolitik grundlegend umzusteuern und sich für den dringend benötigten bundesweiten Mietenstopp einzusetzen.
„Die schwarz-grüne Landesregierung hat in der ersten Hälfte ihrer Regierungszeit im wohnungspolitischen Bereich versagt. Es sind kaum bis keine Fortschritte bei den zu Beginn der Regierungszeit selbst gesetzten Zielen erkennbar“, so das Fazit des breiten zivilgesellschaftlichen Bündnisses. Im Koalitionsvertrag hatten CDU und Grüne vereinbart, bis 2024 2,2 Milliarden Euro für den sozialen Wohnungsbau zur Verfügung zu stellen. Mit diesen Mitteln soll der Bau von etwa 22.000 Wohnungen gefördert werden. Die Landesregierung konnte zwar durch eine Steigerung der Fördermittel den Rückgang der Sozialwohnungen abbremsen. Eine Trendwende im Sinne eines Anstiegs von dem ohnehin sehr niedrigen Niveau ist bislang aber nicht erkennbar. Ganz im Gegenteil ist die Zahl der Sozialwohnungen weiter gesunken: Zu Anfang der Regierungszeit, also Ende 2018, lag sie bei 80.309, Ende 2020 nur noch bei 79.729.
Rund 50.000 Haushalte warten auf eine Sozialwohnung
„Zwar wurden seitens der Landesregierung verstärkt Belegrechte erworben. Diese massive Bezuschussung privater Immobilienbesitzender für den kurzfristigen Erhalt von Sozialwohnungen sorgt jedoch allenfalls für eine Stabilisierung des Gesamtbestandes auf viel zu niedrigem Niveau“, kritisiert das Bündnis #Mietenwahnsinn-Hessen. Für Ende 2019 verzeichnet die Statistik 48.536 Haushalte, die Anspruch auf eine Sozialwohnung haben, aber keine finden. Derweil rechnet die Landesregierung den Bestand an Sozialwohnungen schön, indem sie unter diesem Begriff nicht nur geförderte Wohnungen für niedrige Einkommen erfasst, sondern auch geförderte Wohnungen für mittlere Einkommen und studentische Wohnungen.
Auch ihr Versprechen, den öffentlichen Wohnungsbestand der landeseigenen Nassauischen Heimstätte nennenswert zu erweitern, hat die Landesregierung bislang nicht eingelöst. Im Koalitionsvertrag hatte sie das Ziel gesteckt, ihn durch eine Aufstockung des Eigenkapitals auf mindestens 75.000 zu steigern. 2019 lag er aber nur bei 57.561. Das Bündnis #Mietenwahnsinn-Hessen begrüßt, dass die Landesregierung bei der Nassauischen Heimstätte eine Begrenzung der Mieterhöhung auf maximal ein Prozent für mittlere Einkommen eingeführt hat. Diese sollte jedoch auf alle Haushalte ausgeweitet werden. Energetische Gebäudesanierungen bei der Nassauischen Heimstätte sind aus Klimaschutzgründen notwendig, die Kosten sollten aber für die Mieter*innen nur warmmietenneutral umgelegt werden.
CDU und Grüne hatten im Koalitionsvertrag überdies eine „Vorreiterrolle“ des Landes in der Bodenpolitik und bei der sozialverträglichen Baulandvergabe mittels Konzeptverfahren angekündigt. Aktuell ist allerdings keine einzige erfolgreiche Konzeptvergabe des Landes bekannt und selbst die riesige Millionensumme, die das Land 2018 durch den Verkauf des Alten Polizeipräsidiums in Frankfurt erzielte, ist bisher nur in geringem Umfang für den Bau oder Erhalt bezahlbaren Wohnraums genutzt worden.
Mit Blick auf den Mieter*innenschutz kritisiert das Bündnis #Mietenwahnsinn-Hessen, dass die Landesregierung weit hinter den gesetzlichen Möglichkeiten zurückbleibt. So ist die Kündigungssperrfrist von Mieter*innen bei der Umwandlung in Eigentumswohnungen zwar, wie im Koalitionsvertrag vereinbart, auf acht Jahre verlängert worden. Gesetzlich möglich sind aber zehn Jahre. Außerdem fehlt nach wie vor eine Landesverordnung gegen spekulativen Leerstand und Wohnraumzweckentfremdung. Darüber hinaus fordert das Bündnis die Landesregierung auf, eine Landesverordnung für angespannte Wohnungsmärkte auf der Basis des Baulandmobilisierungsgesetzes auf den Weg zu bringen. Diese ermöglicht den Kommunen unter anderem, die Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen zu begrenzen. Dies ist in Hessen bislang nur in Milieuschutzgebieten möglich. Das Bündnis appelliert außerdem an die Landesregierung, sich gegenüber dem Bund für einen bundesweiten Mietenstopp einzusetzen.